Im Grunde galt der amerikanische Stearman-Doppeldecker bereits bei seinem Erscheinen im Jahr 1934 als technisch überholt. Um so erstaunlicher ist, dass in den Folgejahren dennoch über 8.500 Exemplare dieses archaischen Flugzeugs gebaut wurden. Das Erfolgsgeheimnis der Stearman Kaydet, wie die Maschine später bezeichnet wurde, bestand darin, dass sowohl die US Army als auch die US Navy gerade einen möglichst einfach zu fliegenden doppelsitzigen Basistrainer suchten. Und genau diese Rolle war dem robusten Doppeldecker quasi auf den Leib geschrieben. Die Stearman ließ sich nicht nur ausgezeichnet fliegen, sondern war im Bedarfsfall auch leicht zu reparieren und benötigte nur minimale Wartungsarbeiten. So kam es dann, dass in den folgenden Jahren nahezu jeder amerikanische Militärpilot seine fliegerische Grundausbildung auf diesem Doppeldecker absolvierte. Robust und bequem Die Entwicklung des Stearman-Doppeldeckers begann bereits 1927. Damals hatte der amerikanische Flugzeugkonstrukteur Lloyd C. Stearman gerade seine Firma Stearman Aircaft Company in Kalifornien gegründet. Im September 1934 wurde seine Firma dann von Boeing übernommen, wo der inzwischen als Boeing Model 75 bezeichnete Doppeldecker schließlich in großem Stil produziert wurde. Trotz dieser Umbenennung wird dieses Flugzeug aber bis heute gemeinhin schlicht und einfach als Stearman bezeichnet. Bei der Konstruktion der Maschine hatte man sich für eine Gemischtbauweise entschieden. So waren die beiden nahezu gleich langen, aber gestaffelt angeordneten Flügel noch ganz traditionell aus Holz gebaut und mit Stoff bespannt, während der ebenfalls bespannte Rumpf bereits als Schweißkonstruktion aus solidem Stahlrohr ausgeführt war. Das starre, unverstrebte Hauptfahrwerk war ebenfalls eine stabile Metallkonstruktion, die dank ihrer beiden verkleideten Öldruckstoßdämpfer und der großen Räder auch harte Landungen problemlos überstehen konnte. Dazu trug auch das überdimensionierte und robuste Spornrad bei, das von der Größe beinahe schon zum Hauptfahrwerk einer mittelgroßen Propellermaschine passen würde. Im Vergleich mit anderen Basistrainern derselben Epoche – wie die englische de Havilland Tiger Moth oder die deutschen Bücker Jungmann – war die Stearman fast doppelt so schwer. Aufgrund ihrer Größe bot sie dafür aber deutlich mehr Bewegungsfreiheit im Cockpit, wodurch der Schulungsbetrieb spürbar erleichtert wurde. So konnten beispielsweise der Sitz und die Pedale in weiten Bereichen verstellt werden, um eine bequeme Sitzposition zu erlangen. Zudem erlaubte ein besonders langer Steuerknüppel aufgrund seiner Hebelwirkung ein ermüdungsfreies Steuern des Flugzeugs. Nachdem die Stearman bei der US Army und US Navy zunächst nur als Basistrainer vorgesehen war, kamen später auch noch andere Schulungsaufgaben, wie Instrumentenflugausbildung oder Kunstflugtraining, dazu. Letzteres wurde durch die relativ hohe Belastbarkeit möglich, denn die Maschine ist für zahlreiche Kunstflugfiguren mit positiver und negativer g-Belastung zugelassen: Die Tragflächen können mit bis zu 15 Tonnen belastet werden, ohne zu brechen! …
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Einen ausführlichen Bericht über die Boeing Stearman lesen Sie in der Ausgabe 11/2012 des MFI Magazins.
Das Modell zur Doku
Vor kurzem ist nun vom Hersteller FMS ein Schaumstoffmodell dieses bekannten Trainers in den Farben der US Army erschienen. Der deutsche Importeur, die Firma Manticore RC aus Willich, liefert die Stearman als »Plug’n Play-Kit« (PNP).
Gunther Winkle stellt neben seiner Dokumentation auch das fertige Modell vor. Beide Beiträge finden Sie in der MFI 11/12.