Scale Dokumentation: Der Colditz Gleiter – the »Colditz Cock«

Die ungewöhnliche Geschichte eines Flugzeugs und seines Nachbaus

Schon seit längerem bat mich Wolfgang Zähle, das Thema Colditz-Gleiter für Modellbauer darzustellen. Nur Modellflieger – so seine Meinung, nachdem ich von unserem abgebrochenen Startversuch mit dem 1: 1-Nachbau erzählt hatte – bringen solcherart historisches Fluggerät gefahrlos zum Fliegen. Bei unserem Treff zum Flugplatzfest 2014 in Gatow nahm er mich in die Pflicht, und ich versprach ihm die Geschichte unseres Nachbaus des Colditz-Gleiters.

Colditz-Gleiter_1Der geschichtliche Hintergrund
Der Colditz Glider, von den Engländern Colditz Cock genannt, wurde im letzten Kriegsjahr von britischen Kriegsgefangenen in einer versteckten Dachwerkstatt auf dem Schloss Colditz in Sachsen gebaut. Auf Schloss Colditz gab es ab dem Jahr 1939 ein Kriegsgefangenenlager (Oflag IV C) für ranghohe belgische, britische, französische und polnische Offiziere.

Im letzten Kriegsjahr war von den Briten ein Ausbruchversuch mit einem zu bauenden Segelflugzeug als Zweisitzer Rücken an Rücken vorgesehen. Als Startrampe sollten auf dem Dach der Schlosskapelle montierte Tische dienen. Mit einer an der Außenwand herabfallenden, voll beladenen Badewanne wollte man das Flugzeug im Schleuderstart auf die erforderliche Startgeschwindigkeit beschleunigen. Geplant war, mit dem Segelflugzeug die nebenan vorbei fließende Zwickauer Mulde zu überfliegen und auf einer dahinter gelegenen Wiese zu landen.

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Der noch unbespannte Nachbau des Colditz-Seglers. Bei der Rekonstruktion wurde vor allem auf eine hohe Lebensdauer Wert gelegt und teilweise modernere Baustoffe verwendet, als den Gefangenen seinerzeit zur Verfügung standen.

1944/45 bauten die kriegsgefangenen britischen Offiziere an ihrem Ausbruchsflugzeug. Fußbodendielen, Latten aus Betten, Regal- und Spindbrettern waren das Baumaterial für den Segler. Nicht benutzte Elektrokabel des Schlosses wurden für die Steuerseile verwendet, Bettbezüge aus dem Gefängnis mit blauweißem Karomuster dienten als Bespannung für die Tragflächen. Speisen aus den Gefangenenrationen wurden benutzt, um damit die Poren des Gewebes zu versiegeln.

Die britische Handzeichnung verrät, dass bei dem Entwurf Experten tätig waren. So unter anderem durch die Angabe der Profile: für den Flügel ein Clark YH, für das HLW ein R.A.F. 30 und für das SLW ein Luton Buzzard-Profil. Als Flügelspannweite sind 33’2’’, als Flugzeuglänge 19’9½’’ eingetragen: für die Spannweite des HLW stehen 8’6’’ und für die SLW-Höhe 4’ in der Zeichnung. (1’’ = 2,54 cm; 1’ = 12’’ = 30,48 cm). Der Flügel war laut Zeichnung mit +5 Grad und das HLW mit +2 Grad anzustellen.

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Der Nachbau und …

Das rund sechs Meter lange und zehn Meter spannende Flugzeug kam jedoch nicht mehr zum Flug. Es wurde erst nach der Befreiung von Colditz zusammengesetzt und fotografiert. Seine Flugfähigkeit bewies der Colditz-Gleiter erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg.

Für die englische Fernsehdokumentation »Escape from Colditz« wurde der Flug 1993 mit einem Modell im Maßstab 1: 3 nachgestellt. Unter den Augen der Colditz-Veteranen Jack Best und Bill Goldfinch flog im Jahr 2000 in England ein Nachbau in Originalgröße tatsächlich schon bei seinem ersten Startversuch erfolgreich, und 2012 gelang ein Katapultstart am Originalschauplatz: Vom Dach des Schlosses Colditz glitt der ferngesteuerte Gleiter im Maßstab 1: 1 in einem Bogen hinüber auf das andere Ufer der Mulde. Leider zerbrach das Modell bei der Landung und verblieb als Wrack auf dem Schloss.

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… das Original (oben) an der Stelle, wo es amerikanische GIs nach Kriegsende auf dem Dachboden der Schlosskapelle fanden.

Die Initiative des Vereins Flugwelt Altenburg-Nobitz zum Nachbau des Colditz-Gleiters
Unser Verein Flugwelt Altenburg-Nobitz e.V. hatte ursprünglich die Idee, ein anderes Gleiter-Projekt in Originalgröße nachzubauen. Die grandiose Geschichte des Colditz-Gleiters aber brachte unseren in unmittelbarer Nachbarschaft des Schlosses gelegenen Verein jedoch im Jahr 2008 auf die Idee, den Gleiter im Maßstab 1: 1 nachzubauen und dafür den Auftraggeber »Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen« zu gewinnen. Vom Original existierte immerhin ein 3-Seiten-Riss als Handskizze.

Unser Vereins-Konstrukteur Witold Stelzer entwickelte daraus Konstruktionszeichnungen für den Nachbau. Anhand dieser Pläne entstand seit September/Oktober 2009 ein flugfähiger Nachbau in Originalgröße, wobei für uns die Flugfähigkeit nicht der Schwerpunkt war. Wie beim Vorbild von 1945, ist Holz der Grundwerkstoff für Rumpf, Leitwerk und Tragflächen. Und ebenfalls wie damals dienen blau/weiß karierte Bettbezüge für die …

Einen ausführlichen Bericht lesen Sie in der Ausgabe 4/2015 des MFI Magazins.

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