»Fliegende Kiste« aus dem Jahr 1912 – Dr. Hübner-Eindecker

Schon sehr früh hatte sich Klaus-Dieter Poestges dem originalgetreuen Nachbau exotischer Oldtimer verschrieben. Auf die 1 : 5-Fokker E III folgte die Caudron Racing Monoplane, mit der er diverse Baupokale einsackte. Folgerichtig suchte Klaus nach einem ausgefallenen Typ für sein nächstes Bauprojekt, natürlich wieder mit Flächenverwindung – Querruder kann jeder!

Huebner-Eindecker_9

Das Vorbild
Vor Jahren erfolgte die Restauration des Dr. Hübner-Typ 4-Eindeckers durch die Fliegergruppe Kornwestheim unter der Leitung von Ewald Sammet. Das Fokker-Team Schorndorf beschäftigte sich anschließend intensiv mit der aufbereiteten Maschine, um Konstruktion und Bautechnik für die Nachwelt zu dokumentieren. Peter W. Cohausz, Autor des Fachbuchs Die deutschen Oldtimerflugzeuge, vermaß und skizzierte bereits während der Restaurierung sämtliche Einzelteile, so dass der Typ 4 außergewöhnlich präzise dokumentiert ist. Klaus erhielt wertvolle Kopien, zum Teil sogar Originalfotos des Restaurationsteams, und arbeitete sich intensiv in die Historie ein.

Huebner-Eindecker_1

Den Gartenstuhl in Funktion des Pilotensitzes hat Klaus Poestges full scale nachgebaut: Leisten in verschiedenen Stärken wurden auf der Minikreissäge zugeschnitten, geschliffen, fachgerecht verleimt und schließlich auf Teakholz-Look gebeizt. Vier Metallwinkel fixieren den Sitz am Rumpf.

Dr. Hugo Hübner hatte 1906 in Chemie promoviert und sich zum Einstieg in die Fliegerei entschlossen, als Hans Grade mit selbst konstruierten Fluggeräten erste Versuche unternahm. Hübner brachte seine Ideen zu Papier und nutzte das hervorragende Equipment der elterlichen Brauerei für den Aufbau seiner Flugzeuge, allesamt Einzelstücke ohne Ingenieur-gemäße Konstruktionszeichnungen. Mangels Materialerfahrung wurde das genommen, was gerade zur Verfügung stand – so zum Beispiel hölzerne Gartenstühle als Pilotensitze. Alles musste einfach, leicht und zweckmäßig sein.

Der Rumpf entstand in Gemischtbauweise aus Stahlrohrstücken für die senkrechten Spantenteile und Holzleisten bei den waagerechten Spantenbereichen und Längsgurten. Beide Seitenruder und Dämpfungsflächen sind aus Stahlrohr mit Leinenstoffbespannung gefertigt. Weitgehend aus Holz bestehen die Tragflächen mit Seilverspannungsbeschlägen aus stabilem Blech.  Für das auffallend tiefe Höhenruder nahm Hübner überwiegend Holz, Stahlrohre im Scharnierbereich und gefächerte Seilverspannungen für die Anlenkung. Wegen des schwergewichtigen Reihenvierzylinders Argus Typ 4 (8,4 Liter Hubraum, 100 PS) fiel die Rumpfspitze sehr kurz aus, was beim Nachbau später große Probleme bereitete.

Huebner-Eindecker_2

Das Steuerhorn mit gedrehtem Buchenholzrad.

Hübners Typ 4 flog 80 bis 100 km/h schnell, hatte aber in der Zeit von 1912 bis 1914 nur wenige kurze Einsätze. Er wurde bei einer Bruchlandung in einem Gerstenfeld schwer beschädigt und schließlich auf dem Brauereidachboden eingelagert. Erst 68 Jahre später entdeckte Peter W. Cohausz die Rarität unter einer dicken Staubschicht und einigte sich mit den Brauerei-Nachfahren darauf, den Oldtimer zu bergen und schlussendlich in restauriertem Zustand als Dauerleihgabe im Auto- und Technik Museum Sinsheim auszustellen.

Huebner-Eindecker_3

Biegevorrichtung für dünnwandige T.C.-Stahlrohre am Seitenruder.

Das Modell
Fotografierend verinnerlichte Klaus Poestges dort sein neues Vorbild und machte sich an die Konstruktion im Maßstab 1 : 3,8. Dabei waren die genannten Unterlagen eine große Hilfe. Normalerweise hat man eine Dreiseitenansicht sowie ein paar Fotos zur Verfügung – ohne Einblick in das Rumpf- und Flächeninnere. Beim Hübner Typ 4 war jedes Teil bekannt und wurde von Klaus präzise nachgebaut. Als gelernter Metaller war er natürlich in der Lage, sämtliche Beschläge hartzulöten oder zu drehen. Gekauft sind eigentlich nur RC-Komponenten und das Rohmaterial (T.C.-Stahlrohre, Schrauben, Seile, Kiefernleisten, Bespannstoff Solartex).

Huebner-Eindecker_4

Einzelstücke eines Eigenbau-Spannschlosses: Stellring-ähnliche Zylinder werden am M3-Rechts- und Linksgewinde hart verlötet und diese Teile zur Hälfte in das Mittelstück eingedreht. Bindedraht sichert zum Schluss gegen unerwünschtes Lösen der …

Zuerst baute Klaus die Rumpfseiten. Ober- und Untergurt aus 10 x 10 mm Kiefer wurden wegen der starken Krümmung am Rumpfbug längs aufgesägt, gewässert, wieder verleimt und dabei passend gebogen. Nach dem Aushärten auf dem Baubrett waren Stahlrohrstücke als senkrechte Rumpfspantenabschnitte mit Schrauben zu fixieren und die entstandenen Fächer mit diagonal verspannten Fesselfluglitzen zu stabilisieren.

Die kompletten Seitenteile konnten jetzt mit waagerecht positionierten Holzleisten zusammengesetzt und die neu entstandenen Fächer danach über Kreuz verspannt werden. Dünne Litzen anstelle von Diagonalstreben aus Kiefernleisten sind leichter, was im langen Rumpfheck besonders wichtig für den Schwerpunkt ist. Jedes hier gesparte Gramm erübrigt vorn ein Vielfaches. Das sollte Klaus später schmerzlich erfahren, denn das originalgetreu ausgeführte Leitwerk fiel leider so schwer aus, dass trotz Motorattrappe aus Vollmetall mehr als 4 kg Blei nötig waren, um den Schwerpunkt im grünen Bereich zu halten.

Huebner-Eindecker_7

Toni Clark führt einen extrem engen ZG 62-Ansaugkrümmer im Sortiment, genau richtig für die Platzverhältnisse im Motorraum des Hübner-Eindeckers.

Motorattrappen waren schon immer eine besondere Spezialität unseres Oldie-Fans. Diesmal hatte er das Problem, einen luftgekühlten Einzylinder so in den wassergekühlten Vierzylinder-Reihenmotor zu integrieren, dass der ZG 62 kaum zu sehen und trotzdem ausreichend gekühlt ist. Zwischen dem ersten und vierten Zylinder der Attrappe erkennt man aus geringer Distanz die geschwärzten Rippen des 62-ccm-Zweitakters. Auch mit dem extrem engen Auspuffkrümmer und kompaktem, kubisch geformtem Schalldämpfer aus 0,8-mm-Stahlblech läuft der ZG 62 im Vollgasbereich erstaunlich sicher durch. Mehr dazu im Kapitel Flugerprobung.

Huebner-Eindecker_8

Die Reihenmotorattrappe setzt sich aus gedrehten und mit dem ausgehöhlten Kurbelgehäuseblock verschraubten Zylindern zusammen, bei denen Nr. 2 und 3 den Kühlrippen des ZG 62 Raum geben. Die Köpfe sind ebenfalls aus Aluminium gedreht und mit Eisenpaste zu scheinbar gegossenen Zweierblöcken umgeformt. Die Paste lässt sich gut feilen und bohren. Zuletzt wurden Ventile, Kipphebel und Stößel platziert.

In der engen Rumpfsektion direkt hinter dem Motorspant liegt der 500-ccm-Tank gut isoliert direkt über dem Schalldämpfer. Irgendwo daneben fand auch noch das Drosselservo Platz. Beim Blick in das vordere Cockpit sollte davon nichts zu sehen sein – full scale eben!

Sehr viel Gehirnschmalz und Arbeitszeit beanspruchte die Mechanik für die Flächenverwindung. Der Spannturm oben auf dem Rumpf war dabei noch die leichteste Übung; die komplizierte Stahlrohrwippe unten hatte es hingegen in sich. Das ließ sich nur mit zusätzlichen Bauvorrichtungen realisieren, denn beim Hartlöten ist die Hitze nicht immer punktgenau zu begrenzen, und bereits fertige Lötstellen weichen schon mal ungewollt wieder auf.

Mit der ihm eigenen Akkuratesse und der nötigen Ruhe hat Klaus auch die filigransten Einzelteile meisterhaft gestaltet und alles kaum sichtbar untergebracht. So sind zum Beispiel Empfänger und Servos unter dem natürlich originalgetreu aus Teakholz gefertigten Pilotenstuhl verborgen. Die Pilotenpuppe made by Erika verdeckt das gesamte RC-Equipment vollständig. …

Einen ausführlichen Bericht lesen Sie in der Ausgabe 7/2014 des MFI Magazins.

Kommentare sind geschlossen.