Kampf dem Übergewicht!
Nicht nur der Pilot, auch so manches Modell kann unter Übergewicht leiden. Aber warum soll es dem Flieger besser gehen als dem Erbauer?Werfen wir einen Blick zurück, September 2020, Flugwetter besch … eiden, dazu kommen noch Corona und Shutdown, ans Fliegen ist nicht zu denken. Da wurde in der WhatsApp-Gruppe des Vereins ein 240 ccm-Boxermotor angeboten. 22 PS soll er haben und großen Durst – das machte ihn sympatisch, da hatten wir schon etwas gemeinsam. »Bau einen großen Tank, mindestens zwei Liter« gab man mir mit auf Weg, der Preis war freundschafltlich. Fehlte eigentlich nur noch das Flugzeug drumherum…
Schon auf dem Heimweg mit dem neu erworbenen Motor wurde überschlagen: 6,8 kg mit Schalldämpfer, das ist nicht ohne und 22 PS verlangen nach etwas größerem, aber unter 25 kg. Sollte das möglich sein? Leichter Holzbau, das müsste klappen, eigentlich meine Spezialität. Vor rund 25 Jahren baute ich eine Mister Mulligan nach Plan von Bud Nosen, vergrößert von 2,70 auf 3,40 Meter Spannweite. Auch damals war erst der Motor vorhanden, ein 140 ccm-Boxer. Damals brachte Mr. Mulligan 17,5 kg auf die Waage (übrigens, das Modell gibt es immer noch). Sollte es möglich sein mit vier Metern Spannweite unter die magische 25 kg-Grenze zu kommen? Den Versuch ist es wert und wenn nicht habe ich schweizer Freunde, bei denen 30 kg das Limit sind.
Für das Modell wählte ich ähnlich dem Original einen leichten Rumpf in Stäbchenbauweise mit 72 Stäbchen aus 4 x 4-Kieferleisten. Im Baumarkt gibt nur Leisten mit 5 x 5 mm, die jedoch ein Mehrgewicht von 1,6 kg mit sich bringen würden, also wurden die Leisten selbst gesägt. Um die notwendige Festigkeit zu erreichen, immerhin werden vorne mal 22 PS ziehen, wurde der Rumpf vorne ab Beginn der Kabine mit 3 mm-Balsaholz beplankt und dies dann mit Küpergewebe überzogen. Alles also eigentlich 08 / 15. Der Motorspant ist ein stabiler Sperrholzring mit einem Quersteg, alles 9 mm stark. Meine bewährte Rumpfbauweise mit Helling ist auf den Bildern gut zu sehen. Durch die Stäbchenbauweise ist der Rumpf im Bereich der Leitwerksaufnahme nicht torsionssteif genug,
hier wurde aus 4 mm-Balsabrettchen ein Vierkantrohr eingesteckt, das brachte die erforderliche Festigkeit. Das Leitwerk ist unprofiliert aus 20 x 20 mm-Balsaleisten aufgebaut. Um dessen Festigkeit zu erhöhen, wurden diese Leisten aus vier 10x 10 Balsaleisten zusammengeleimt. Das erhöht die Stabilität um ein Vielfaches, da die Leimfugen jeweils im Bereich der größten Querkräfte liegen. Das bisschen Mehrgewicht fällt kaum auf. Durch die Leistenstärke von 20 mm konnten zwei 30 kg-Servos für die Höhenruderklappen eingebaut werden, die ebenfalls 20 mm dick sind. Das Servo für das Heckfahrwerk und das Seitenruder wurde im Rumpf hinten verbaut.
Die beiden Tragflächenhälften haben jeweils eine Spannweite von 1,73 Metern. Gemeinsam mit der Rumpfbreite und den Flächenanformungen von 52 cm ergibt das exakt 4,00 Meter Spannweite. Den Rumpf habe ich um 12 cm auf 2,03 verlängert, denn ich erinnerte mich, dass meine erste Mr. Mulligan etwas »schwanzte«. Da die Tragflächen abgestrebt werden, müssen bis zum Bereich der äußeren Strebenbefestigung keine Biegemomente, sondern nur Zug- und Druckkräfte aufgenommen werden. Somit waren die Hauptholme aus 10 x 5 mm-Kiefernholme fast schon überdimensioniert, sie müssen aber die geringen Biegemomente der Außenfläche nach der Strebenaufnahme abfangen. Durch die nahezu Rechteckform der Tragfläche und 95 mm Profildicke kein Problem. Entgegen dem Original habe ich auch aus Gewichtsgründen nur eine Flächenstrebe und keine V-Strebe vorgesehen. Da die Fläche im Bereich von Nasenleiste bis Hauptholm beplankt wurde, ergibt das eine sehr torsionssteife Konstruktion, daher is eine V-Strebe nicht zwingend notwendig. Auf Landeklappen wurde bewußt verzichtet, die Streben bremsen auch beim langsamen Landen genug. So sind meine Erfahrungen mit zwei Piper mit 3,80 m Spannweite, die eine habe ich mit und die andere ohne Landeklappen gebaut. Der Effekt lohnt das Mehrgewicht nicht. Am Ende wogen beide Flächenhälften bespannt und mit Servos 4.050 g, ein brauchbarer Wert.
Die Motorhaube wurde als Positiv aus mehreren Schichten blauem Hartschaum kreisrund mit nach vorne leicht abnehmendem Durchmesser geschnitten, immerhin 50 cm im Durchmesser und 24 cm lang. Nach dem Zusammenkleben mit Harz (Weißleim trocknet bei Luftabschluss nicht) im Bereich, wo gerade nicht geschliffen werden muss, wurde die Haube rund geformt und anschließend mit breitem Tesafilm als »Trennwachs« bespannt und sodann mit fünf Lagen 176 g / m2 Köpergewebe und Holz überzogen. Das Herausnehmen des Schaumkerns kostete einige Schweißtropfen, aber der …