Die Jak-12 (siehe Scale-Dokumentation in MFI 2 / 2016) steht hierzulande modellfliegerisch immer noch sehr im Schatten all der Pipers, Beavers und Störche. Dabei gab es bereits in den 1970er und 80er Jahren wenigstens drei Baukästen dieses sowjetischen Arbeitsflugzeuges. MOBA aus Schönbrunn war damals für Modellflieger ein Begriff. Und genau so eine Jak-12 aus Schönbrunn entstand vor mehr als 40 Jahren. Nach einigen Freiflug- und Gummimotormodellen sollte es endlich etwas Motorisiertes werden.
Der Dieselvogel
Ein 0,8 ccm Kolibri, ein russischer Modelldiesel, hatte damals auf dem Geburtstagstisch gelegen. Der selbstgemischte Treibstoff hinterließ überall seine Spuren. Aber irgendwann lief der Winzling und damit flog der »Vogel« sehr anständig. Eines Tages verspürte das ungesteuerte Modell den Drang zum Buschflieger und probierte die Landung in einer Brombeerhecke. Damit war beim »Piloten« der Wunsch für etwas Ferngesteuertes geweckt, nur dafür war die Jak viel zu klein. Irgendwann verschwand das Modell dann aus dem Sinn und später auch aus dem Keller.
Späte Geburt
Jahre später wurde genau so ein Baukasten im Internet-Flohmarkt angeboten. Und jetzt gerade fand sich völlig unerwartet Zeit, um in den Bastelkeller zu gehen und ganz in Ruhe eine zweite Jak-12 zu bauen. Der Baukasten ist nach den vielen Jahren recht vollständig, die Bauanleitung für heutige Standards eher kurz. Bedruckte Balsabrettchen waren in den 1970ern Stand der Baukastentechnik, nicht CNC-gefräst oder Lasergeschnitten. Die Vollbalsa-Tragfläche war für die Modelle aus Schönbrunn ungewöhnlich. Wenn die Erinnerung nicht trügt, konnte die Jedelski-Tragflächenbauweise mich damals nicht überzeugen, so dass lieber eine Rippenfläche gebaut wurde.
Der Vorbesitzer des aktuellen Bausatzes hatte angefangen zu bauen und dann die Lust verloren. Leider etwas lieblos und krumm. Und obendrein war ihm offenbar der Hammer auf eines der Balsabrettchen gefallen. Also war erst einmal Reparieren angesagt. Die Zeit gibt es her, diesmal wird die Tragfläche »original« gebaut, ebenso der Rumpf ganz klassisch als Spantenkasten. Der Rumpf ist ein gehöriger Kohlenkasten, das ist aber beim Original nicht viel anders. Ganz am Anfang ist der Fahrwerksdraht im Spantengerippe zu befestigen, nach Väter Sitte mit Zwirn und Klebstoff. Die historischen MOBA-Räder sind gewichtig. In der Restekiste liegen modernere Exemplare und wir sparen 17 g. Das sind zwei Servos und ein Empfänger …
Welcher Motor darf mitfliegen?
Heutzutage lassen sich natürlich viele Motorisierungsoptionen durchspielen. Die Jak-12 ist ja ein Arbeitstier, damit kann sie eigentlich nie genug Power haben. Ob das auch für ein nur wenige hundert Gramm leichtes Modell zutrifft? Eigentlich eine schöne Gelegenheit, eines der Exponate der Modellmotorensammlung zur Arbeit zu verpflichten. Leider nur sind die meisten dafür viel zu schwer. Der Jena-Diesel beispielsweise würde sich in einem Lassogeier sicher wohlfühlen. Das könnte ein Projekt für die nächste Bastelkellerphase werden. Der Kolibri hatte seine Aufgabe vor 40 Jahren bereits mit Bravour gemeistert. Und der kleine Blaukopf wurde erst im vergangenen Jahr wieder zum Laufen gebracht. Nach einigem Hin- und Her fiel die Entscheidung zu Gunsten eines Elektroantriebs, damit der Winzling auch abseits der offiziellen Modellfluggelände fliegen darf. Zum Bauzeitpunkt (13. April 2020) war nicht abzusehen, wann die Sportstätten wieder begehbar sein würden.
Elektrifizierung
Der Elektroantrieb erfordert kleine Abweichungen vom Bauplan. Motorsturz und Seitenzug werden per Kopfspant eingebaut. Im Rumpfvorderteil sieht der Bauplan einige dicke Balsaklötze vor, die in Form zu schleifen sind. Ein Deckel ist da sinnvoller. Damit steht der Raum vor dem Schwerpunkt für einen ordentlichen Akku zur Verfügung. Dünnes Balsa gab es vor 40 Jahren nicht einfach so zu kaufen. Bei der Winzigkeit der Jak genügt ein Fitzelchen aus der Restekiste. Auch für das Höhenleitwerk sieht der Bauplan einen geschliffenen Klotz vor. Zu dem kleinen Fliegerchen passt eine filigranere Konstruktion viel besser, mit allem was dazu gehört – auch Balsastaub und Niesen (natürlich in die Armbeuge).
Manches Detail hat an so einem kleinen Modell nur eine optische Funktion, das Spornrad zum Beispiel fliegt der Schönheit halber mit. Deswegen kommt das unförmige Teil aus dem Bausatz überhaupt nicht in Frage. Der Eigenbau entsteht aus drei Holzscheiben und einem Stück Schaumstoff in Reifenfarbe. Das Reifenloch »bohrt« der Lötkolben. Dann übernehmen die Bohrmaschine und anschließend die Schleiffeile. An den Leitwerken sieht man es deutlich, für den Bauplan ist eine frühe Jak-12 Vorbild gewesen, am ehesten noch eine Jak-12R. Die ganzen schönen bunten Vorbilder aus dem Netz fallen also aus. Und so wehrdienstgrün möchte das Modell nicht aussehen. Der Rumpfrücken ist als »Bildhauerarbeit« aus Vollbalsa vorgesehen. Könnte man mit Leisten schöner umsetzen. Alles darf, nichts muss, Weiterbauen nach Bauplan. Noch kann der »Kohlenkasten« nicht geschlossen werden, vorher müssen die RC-Innereien hinein.
Elektronikgeschichte
Apropos Zuladung. Meine erste funktionierende Fernsteueranlage entstand etwa zur gleichen Zeit wie die damalige Jak-12. Grundlage war das bekannte Buch von G. Miel. Wenn man dazu noch weiß, dass zur Stromversorgung zwei 4,5 V-Flachbatterien mitfliegen mussten, ist klar: Das konnte nix werden mit einer ferngesteuerten Jak. Mit dieser Fernsteueranlage wurde dann etwas später ein anderes Flugmodell, ein 1,80 m Motorsegler, gesteuert. Die Jahre gingen ins Land und die Servos wurden kleiner. Und die kleinen Servos wurden bezahlbar. Also nehmen wir für den Flug-Winzling zwei Servo-Winzlinge. Die Kraftübertragung zu den Rudern ist noch vorzubereiten. Die Laubsäge zeichnet für formschöne Ruderhörner verantwortlich. Eingeklebt werden sie erst nach dem Bespannen. Die Kraftübertragung selbst geschieht per »Fly-By-Wire 0.9« Stahldraht im Kunststoffröhrchen. Die wunderlich kreuzende Verlegung sorgt …